Diese vier Stücke wünschte sich mein Vater Bruno Pischetsrieder zu seiner Beerdigung. Die Beerdigung fand am 20.11.2020 im engsten Familienkreis in Dietmannsried statt. Zur Aufnahme der ersten beiden Stücke "Bauernmenuett" und "Andantino" hat Bruno Pischetsrieder folgendes aufgeschrieben:

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TEGERNSEER MUSIKANTEN
Reiter-Pischetsrieder-Kiem
Christmette am 24. Dezember 1948 in der Kirche St. Laurentius, Egern

Egern

Es lag Schnee, der See dampfte, in der unbeheizten Kirche war es grimmig kalt. Reiter war bereits am Nachmittag zur Probe in der Kirche. Kiem kam in der Nacht die 10 Kilometer aus Bad Kreuth und ich fuhr um 22:00 Uhr die Zither im Rucksack, mit den Skiern die 9 Kilometer von Gmund über Tegernsee zu Reiter nach Egern. Von Reiters Haus am Schorn stapften wir beide einen Kilometer durch den Schnee zur Kirche und kamen dort an, als die Mette schon beginnen sollte.

Als wir die Instrumente ausgepackt hatten fingen die Kinder an mit einem Krippenspiel, unter der Leitung von Rektor Gustl Moschner. Es folgten wir, die Tegernseer Musikanten Reiter-Pischetsrieder-Kiem mit einem Bauernmenuett. Wieder kamen die Kinder mit Krippenliedern, darauf wir mit einem Andantino von Padre Martini.

Der weitere Teil der Mette wurde vom Rundfunkorchester musikalisch umrahmt. Reiter hatte eine dicke Lodenjoppe an mit extrem großen Hirschhornknöpfen. Beim Andantino blieb er im viertletzten Takt mit dem Bogenhaar an einem Knopf hängen, konnte aber den Bogen schnell durchziehen, so erscheint dieser Fehler in der Tonaufnahme nur als kleiner Kratzer.

Nach der Christmette begleitete ich Reiter heim zu seinem Haus am Schorn. Dann fuhr ich mit den Skiern über Tegernsee nach Gmund, mit Herzklopfen vorbei am Haus des ehemaligen Reichspresseleiters Amann in St. Quirin, wo inzwischen der amerikanische General Patton residierte. Die Amerikaner haben mich aber ohne Probleme vorbei gelassen obwohl die Sitten dort sehr streng waren. So durfte man zum Beispiel aus dem am Haus vorbeifahrenden Zug nicht herausschauen. Aber ein Auge hat man trotzdem immer riskiert.

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In der Tegernseer Zeitung "Seegeist" vom 24.-25.-26. Dezember 1952 wurde über obige Christmette folgendes berichtet:

Als vor drei Jahren der Bayerische Rundfunk die Christmette aus der Egerner Kirche übertrug, da haben viele Herzen in der Welt teilgenommen, an einer Feier, die eigentlich das Fest einer kleinen Lebensgemeinschaft unseres Tales ist. Bis nach Paris drangen der Glockenklang, das Wort und der Chor der Kinder.

Ein Deutscher, der in Paris verheiratet ist (er kam im nächsten Jahr hierher, suchte Pfarrer Kronast auf und erzählte von der Erschütterung, die er und mit ihm viele andere erlebt hatten), war in der Ferne ein Teil jener Gemeinde geworden, die sichtbar Jahr um Jahr die kleine Kirche in Egern füllt und die damals über das Tal hinaus über Grenzen hinweg die Menschen einbezog.

Eine Französin, die kaum ein Wort Deutsch konnte und die gewiss nicht die Lieder unseres Volkes nach ihrem Wortsinn verstanden hatte, erinnerte sich später noch an "les enfants - les enfants", eben an die Kinder und daran, wie sie gesungen. Briefe von weit her kamen im Pfarrhaus an - so mancher auch aus der Ostzone - weltenweit war einmal die Christmette in der Egerner Kirche gewesen.

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Briefumschlag
Diese Seite und die dazugehörige Karte sind eine Erinnerung an meinen lieben Papa, der am 7.11.2020 nach 100 Jahren 6 Monaten und 15 Tagen verstorben ist.

Ich möchte damit in erster Linie an sein Leben erinneren. 100 Jahre in denen sich die Welt verändert hat. 100 Jahre in denen ihn immer wieder andere Lebensumstände und unterschiedliche Menschen auf einem Teil des Weges begeleitet haben.

48 wunderschöne Jahre davon durfte ich dabei sein, von ihm lernen, mit ihm lachen und weinen, Pralinen futtern, in die Berge gehen, Musik hören und machen, Weihnachten feiern, Kreuzworträtsel lösen, Samstags im Residenz-Cafe Kempten Apfelküchle essen, und schliesslich – die letzten 9 Monate – für ihn da sein.

Die in der Karte und auf dieser Seite verwendete Schreibmaschinenschrift ist die in der mein Vater seine Briefe verfasst und unzählige Erinnerungen niedergeschrieben hat. Die Buchstaben der Handschrift und einer seiner Schönschriftübungen von 1945 auf der rechten Innenseite, die Blumenzeichnung auf dieser Website und viele weitere kleine Details stammen aus seiner Feder. Blau war seine Lieblingsfarbe.

Andreas Pischetsrieder | Blumenstraße 3 | 87463 Dietmannsried | T (0172)8417247 | pischetsrieder@me.com

Stempel mit Wappen der Familie Pischetsrieder

Zur Beerdigung von Bruno Pischetsrieder

*23. APRIL 1920 ~ 7. NOVEMBER 2020

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